Marketing 2020: KI bleibt das Thema Nummer Eins

Eva Maria Schmidt
März 3, 2020

Zum Jahresanfang stellt sich im digitalen Zeitalter immer die Frage: Was werden die nächsten Monate bringen? Besonders Marketer sind darauf angewiesen, neue Trends und Technologien zu erkennen und zu nutzen, um ihr Geschäft schneller und effizienter abzuwickeln. Und auch wenn viele Trends und Hypes oft groß angekündigt werden, nur um dann wieder sang- und klanglos zu verpuffen, so ist doch eines klar: In Sachen Marketing führt heute kein Weg mehr an KI-gestützter Datenverarbeitung vorbei.

Die Trendumfrage auf der letztjährigen DMEXCO hat beispielsweise gezeigt, dass 76 Prozent der deutschen Marketer KI für den wichtigsten Trend in ihrer Branche halten, unmittelbar gefolgt von Personalisierung (75 Prozent) und Customer Experience (71 Prozent). Diese Reihenfolge ergibt Sinn, denn KI-gestützte Algorithmen sind die Grundvoraussetzung für personalisiertes Marketing und dieses ist wiederum entscheidend für eine überzeugende Customer Experience.

KI im Marketing = Machine Learning

Dabei ist der Begriff „Künstliche Intelligenz“ in erster Linie ein Trendwort, dessen genaue Bedeutung in den meisten Fällen unklar bleibt. Wenn im Marketing-Kontext von KI die Rede ist, geht es eigentlich um Machine Learning (ML). ML basiert auf statistischen Methoden und existiert bereits seit den 1960er Jahren. Ihr gewaltiges Potenzial für das Digitale Marketing entfaltet die Technologie hingegen erst seit einigen Jahren, mit der immer größeren Rechenleistung vernetzter Systeme in der „Cloud“. Anhand dieser Basis kann Machine Learning genutzt werden, um die wichtigste Frage, die Marketer sich seit jeher stellen; „Wie bringe ich den richtigen Content zur richtigen Zeit an den richtigen Empfänger?“ zu beantworten – und das in Sekundenbruchteilen.

Neue Herausforderungen im mobilen Zeitalter

Heute leben wir im „always on“ Zeitalter und die Spielregeln für Marketer haben sich innerhalb weniger Jahre grundlegend verändert. Konsumenten sind rund um die Uhr online, nutzen unterschiedlichste Geräte und haben die Wahl zwischen unzähligen Anbietern, für die es wiederum immer schwieriger wird, sich über Produkte oder Preise voneinander zu unterscheiden. Die DMEXCO-Trendumfrage und viele andere Studien machen für mich deutlich, dass für Marken heute und in der Zukunft vor allem der zufriedene Kunde zählt. Die Anforderungen wachsen dabei stetig, denn je höher die Anzahl der Verkaufskanäle und Kontaktpunkte, desto schwieriger wird es, jedem einzelnen Kunden eine personalisierte und konsistente Markenerfahrung zu bieten. Marketer stoßen dabei schnell an Grenzen, die sich mit althergebrachten Methoden nicht überwinden lassen.

Wer seine Kunden nicht dort erreicht, wo sie sind und ihnen über sämtliche Kanäle eine konsistente Erfahrung bietet, wird 2020 hinter der Konkurrenz zurückbleiben. Die vernetzte Customer Experience ist für Marken heute nicht mehr nur ein Differenzierungsmerkmal, sondern eine Grundvoraussetzung, um sich im Wettbewerb behaupten zu können.

Ohne KI keine personalisierte Customer Experience

Das Fundament einer personalisierten Customer Experience besteht aus Kundendaten. Diese sind in jedem Unternehmen vorhanden. Oft hemmt diese Datenflut die Kundenkommunikation, anstatt diese zu beflügeln. Doch der einzige Weg die Massen an Daten für Marketingzwecke nutzbar zu machen, ist die automatisierte Verarbeitung per Machine Learning. Hier erweisen sich KI-gestützte Marketing-Plattformen als unverzichtbares Tool. Per ML ist es beispielsweise möglich, Zielgruppen anhand von Verhaltens- oder Standortdaten zu segmentieren und detaillierte Kundenprofile zu erstellen, anhand derer dann individueller Content ausgespielt werden kann. Weitaus interessanter ist der umgekehrte Weg. Viele Marketer haben bestimmte Inhalte und Produkte, die sie zielgerichtet kommunizieren. Auch hier kann das Machine Learning helfen, indem es automatisiert Zielgruppen berechnet und adressiert.

Natürlich ist nicht alles Gold was glänzt. Auch wenn Machine Learning längst etabliert ist, hat diese Methodik auch Grenzen. Der Faktor Mensch ist trotz allen Fortschritts unabdinglich. Machine Learning basiert auf Statistik und kann daher Korrelationen ermitteln. Aber nur der Mensch kann diese Korrelationen in einen Gesamtkontext bringen und schafft somit die Relevanz in der Kundenkommunikation.

Als Beispiel hierfür dient eine Onlinebücherkette. Alle Empfehlungen des Shops basierten auf ML in Bezug auf Verhaltensdaten der Kunden. So kam es, dass bei beliebten Kinderbüchern regelmäßig Empfehlungen für Erwachsenbücher aus dem Bereich Erotik empfohlen wurden. Klar, Kinderbücher werden sehr oft von Erwachsenen gekauft und diese haben durchaus andere Bedürfnisse. In diesem bekannten Fall gab es eine starke Korrelation zwischen Harry Potter und dem Thema Kamasutra. Eine Empfehlung ist für eine Maschine daher naheliegend. Für den Menschen, der den Gesamtkontext kennt, macht diese Empfehlung weniger Sinn und bei den Eltern, die den Shop besuchten, sorgte es auch für einen „Shitstorm“. Daher sollte Machine Learning als Werkzeug gesehen werden und nicht als Ersatz für den Mensch. Nur so schöpft man das volle Potenzial dieser Technologie aus.

The Voice of Germany – Sprache als Allheilmittel?

Ein weiteres Trendthema, welches in diesem Jahr weiter an Bedeutung gewinnen wird, ist „Voice“ also Sprachassistenten. 2019 haben Sprachassistenten und -geräte den Durchbruch geschafft. Gerade die Deutschen sind hier in Bezug auf den Datenschutz weiterhin skeptisch. Unser Selligent Global Connected Consumer Index 2019, für den wir 5.000 Verbraucher aus der ganzen Welt befragt haben, zeigt, dass 45 Prozent von Ihnen Sprachassistenten nutzen – aber 51 Prozent befürchten, ohne ihre Zustimmung von den Geräten abgehört zu werden (diverse Medienberichte zeigen, dass diese Sorge oft nicht ganz unbegründet ist). Weiterhin müssen sich Marketer bewusst sein, dass die Kanäle zwar großes Potenzial in der Kommunikation besitzen, aber nicht Ihnen gehören. Sie sind abhängig vom Einfluss der Big Four (Amazon, Google, Facebook und Apple) und können von einem Tag auf den anderen das ganze Geschäftsmodell ins Wanken bringen.

Nicht nur wegen der immer wieder aufkeimenden Themen zum Datenmissbrauch, werden Verbraucher 2020 mehr Datenschutz fordern. Marketer müssen also genau überlegen, wie sie die Daten als Schlüssel für ihre Omnichannel-Kommunikation nutzen. Sie bewegen sich bei den Themen Privatsphäre und Datenschutz auf einem schmalen Grat. Zum einen müssen sie die Daten ihrer Kunden schützen und dennoch Relevanz auf Basis derselben Daten schaffen. Auch vor dem Hintergrund geplanter Datenschutzbestimmungen im Jahr 2020 wird dieses Thema die Marketer beschäftigen.

Eines bleibt in jedem Fall gleich. Auch in 2020 werden die Kunden noch anspruchsvoller und schnelllebiger in ihren Bedürfnissen. Relevanz und Komfort durch individuelle Personalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Je früher sich Marketer darauf einstellen desto besser können sie sich im Markt hervorheben. Dasselbe gilt auch für die andere Richtung.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein spannendes 2020.