Kick it! 5 Digitale Marketing-Tipps aus der Sneakerbranche

Eva Maria Schmidt
November 6, 2017

Von Turnschuhen zu Kultobjekten: Air Jordans, Chuck Taylors und die „Yeezy“ Sneaker von Kanye West finden weltweit reißenden Absatz. Der Markt für Sportschuhe und Sneakers boomt, mit einem Umsatzvolumen von 55 Mrd. US-Dollar pro Jahr (SportsOneSource). Die sportlichen Schuhe sind längst keine reinen Produkte mehr, sondern Stilsymbole mit Kultstatus und einer eigenen Bedeutung und Historie. Und in einer Zeit, in der viele Branchen durch die digitale Transformation ins Straucheln geraten, gelingt der Sneakerbranche momentan ein Traumstart in die hyper-vernetzte Zukunft.

Die Markteinführung limitierter Sneakermodelle war früher ein rein analoges Event. Hunderte von „Sneakerheads“ warteten damals geduldig in Warteschlangen vor berühmten Stores wie Supreme oder CNCPTS auf die neusten „Kicks“, wie sie unter Kennern auch heißen. Heute werden Sneaker zunehmend online vermarktet und seltene Exemplare sind innerhalb von wenigen Minuten ausverkauft.

Sneakerfans sind in diesem (digitalen) Spiel viel mehr als passive Konsumenten, nämlich starke Brand Evangelists, die die News von frischen „Kicks“ verbreiten. Ausgewählte Influencer wie @glasgowrob, @runnerwally und @uglymely generieren mehrere tausend Impressions pro Instagram Post als einflussreiche Advocates.

Der anhaltende Hype um seltene Schuhe bescherte der Sneakerbranche nicht nur phänomenale Wachstumsraten – über 40 Prozent seit 2004 – sondern definierte auch die Maßstäbe für digitales Storytelling komplett neu. Wenn es darum geht, digitales Engagement auf eine neue Ebene zu heben, können Digital Marketers fünf entscheidende Strategien von der Sneakerbranche lernen:

1. Mit Kunden auf Augenhöhe

Sneakermarken laufen im Gleichschritt mit ihren Kunden. Sneakerspezifische Apps für iOS und Android – allen voran Nike SNKRS, adidas Confirmed oder Foot Locker Launch Reservation – bieten hoch personalisierte Botschaften: Kunden teilen ihre persönlichen Informationen wie Schuhgröße und Stilpräferenzen und erhalten im Gegenzug Gutscheine für exklusive Sneaker-Editionen, die direkt über die App gekauft werden können. User der App dürfen sogar entscheiden, welche Schuhe als nächstes auf den Markt kommen sollen: Anlässlich des 30. Geburtstags des Air Max ließ Nike seine Fans über ihre Lieblings-Retromodelle abstimmen, die dann zum Air Max Day am 26. März 2017 neu aufgelegt wurden.

Der richtige Kick: Führen Sie Daten aus Apps, Social Media, Websites und E-Commerce in universellen Nutzerprofilen zusammen, als Basis für personalisiertes Messaging über die jeweils bevorzugten Kanäle.

2. Impulse durch inspirierende Stories

Bei der Entscheidung „Top oder Flop“ kann eine exklusive Story genau den entscheidenden Kick in Richtung Conversion liefern. Marken lassen ihre Firmentradition als aktuelle Storys aufleben wie z.B. die Converse Chuck Taylor All-Star Legende oder Fantasiegeschichten wie zum John F. Kennedy New Balance x CNCPTS Schuh 2011. Sie beleben klassische Kollektionen neu, wie adidas EQT oder bringen innovative High-Tech-Sneaker auf den Markt wie den selbstschnürenden Nike HyperAdapt 1.0, der anfangs 720 US-Dollar kostete und heute für 3528 US-Dollar pro Paar gehandelt wird. Die Stories werden dann über szenenahe Medien wie @sneakersmag verbreitet, wo sie von Konsumenten und Influencern mit eigenen Kommentaren angereichert werden.

Der richtige Kick: Storytelling ist schön und gut, doch beachten Sie, dass die Produkte auch den entscheidenden Sprung schaffen müssen.

3. Mehrwert durch Verknappung

Die Sneakerbranche zelebriert seltene Schuhe als Kultobjekte und oftmals stehen mehrere hundert potenzielle Käufer Schlange für nur eine Handvoll von „Limited Edition Shoes“. Sobald das letzte verfügbare Paar vergriffen ist, werden bestimmte Sneaker zum Heiligen Gral auf dem 1 Milliarden US-Dollar schweren Wiederverkaufsmarkt (Complex). Zu den Verkaufshits gehören ein Paar Converse Pro Leathers, die Michael Jordan während der Collegezeit getragen hat (kürzlich verkauft bei eBay für 33.387 US-Dollar) oder die Nike Air Mag Back to the Future II, die in einer Charity-Auktion 200.000 US-Dollar einbrachten. Doch Wert ist kein reines Ratespiel im Sneakergeschäft: Mit komplexen Algorithmen und echten Verkaufsdaten trackt die Plattform StockX nicht nur den aktuellen Wiederverkaufswert von begehrten Schuhen, sondern unterstützt auch Auktionen.

Der richtige Kick: Rarität ist nur ein Teil der Gleichung. Die Yeezy Kollektion von Adidas steht für einen magischen Mix aus Angebot, Nachfrage und Storytelling.

4. Synergien nutzen

Von gemeinsamen Stärken profitieren – so lautet das Credo von Sneakerunternehmen, die häufig Produktkollaborationen (kurz: „collabos“) mit angesagten Designern, Künstlern und Sneaker.Shops eingehen. Wenn Riccardo Tisci, Kendrick Lamar oder KITH ausgewählte limierte Sneakermodelle mit ihrem markanten Style versehen, führt das im Zusammenspiel mit emotionalen Storys in den sozialen Medien zu drastischen Umsatzsteigerungen. Kanye West stellte im Frühjahr 2015 sein Signature-Modell Adidas Yeezy Boost 350 auf verschiedenen Konzerten vor. Die Schuhe wurden nicht nur auf Anhieb zu gefragten Sammlerobjekten, sondern ließen im gleichen Jahr auch den Umsatz von Adidas in Nordamerika um 30 Prozent in die Höhe schnellen.

Der richtige Kick: Achten Sie immer darauf, dass Kooperationspartner in Sachen Style auf der gleichen Wellenlänge liegen. Wenn der Schuh nicht passt, wird ihn keiner tragen.

5. Die Fans sprechen lassen

Mit Reichweitern wie rund 28 Mio. Facebook Likes von Nike hinterlassen führende Sneakermarken beträchtliche Social Footprints. Kommerzielle Botschaften sind eine Sache, aber nichts erzielt eine so starke Wirkung wie authentische Empfehlungen von echten Fans, die ihre #onfeet-Fotos in den sozialen Medien posten. Genau deshalb geben vorausschauende Marken für ihre Kampagnen heute bereits Hashtags vor, wie z.B. #adidasNMD or #ZOKUrunner. Sneaker-Brands verfolgen die Social Media-Kommunikation ganz genau und hören ihren Fans zu. Die skandinavische Marke Hummel hat sogar den Blogger Seveninch eingeladen, einen Collab-Schuh zu entwerfen. Die prominentesten Sneakerheads verwandeln ihren Tastemaker-Status in ein lukratives Geschäft: Yahoo Tech zufolgte verdienen Influencer mit mehr als 1 Mio. Followern mit jedem markengestützten Posting bis zu 50.000 US-Dollar, kostenfreie Schuhe natürlich inklusive.

Kick it right: „Influencing“ ist nicht nur ein Zahlenspiel. Zielgruppenqualität ist mehr wert als Quantität. Follower sind einfach zu kaufen und bis zu Prozent aller Instagram Accounts sind Bots (Business Insider). Letztendlich geht es immer darum, „authentisch“ zu sein und seinen eigenen Weg zu gehen – im Marketing wie im Sneakerbusiness.

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