7 fakten zur sprachgesteuerten zukunft des marketings

Eva Maria Schmidt
April 2, 2019

Hey, Alexa“, „Hey, Siri“ und „Okay, Google“. So beginnen im Jahr 2019 immer mehr Suchanfragen und Dialoge mit Marken. Die intelligenten Sprachassistent stecken inzwischen längst nicht mehr allein in Smartphones, Tablets oder „smarten“ Lautsprechern. Auf aktuellen Elektronikmessen wie der CES in Las Vegas zeigen Hersteller eine Zukunft, in der Sprachsteuerung allgegenwärtig ist, integriert in Alltagsgeräte wie Wecker, Kühlschränke, Glühbirnen, Spiegel und Mikrowellen.

Sprachbefehle ersetzen zunehmend mühseliges Tippen. Aktuellen Trends zufolge werden bis zum Ende des kommenden Jahres bereits 50 Prozent aller Suchanfragen im Internet per Sprachbefehl erfolgen. Aus „Touch Points“ werden „Listening Points“ und die Marketingbranche versucht aktuell mit Hochdruck, ihre Markenbotschaften mit ins Gespräch zu bringen.

Leider müssen viele Marketer feststellen: Voice Marketing ist ein weitgehend unergründetes Gebiet, das sich mit traditionellen Marketingansätzen nur schwer navigieren lässt. Die Probleme fangen bereits mit der Tatsache an, dass herkömmliches Marketing von Drittanbietern auf allen wichtigen Voice-Geräten – wie Amazon Echo oder Google Home – prinzipiell verboten ist. Teilweise finden Marketer noch Schlupflöcher zum Verbreiten von Botschaften, aber erst kürzlich blockierte Amazon eine eigenständige Werbeplattform aus seinem Alexa-Skills-Angebot, obwohl bekannte Marken ihre Unterstützung zugesagt hatten.

Es bleibt die Frage: Wie können digitale Marketer auf Alexa, Siri & Co ihre Kundendialoge aufrechterhalten? Hier bringen wir sieben wichtige Fakten zur sprachgesteuerten Zukunft im Marketing:

  1. Immer mit der Ruhe, wir stehen erst am Anfang…
    Keine Sorge, wenn Ihre Agentur erst noch eine eigene Voice-Marketingstrategie ausarbeiten muss. So geht es dem Großteil der Marketingbranche: Laut einer aktuellen BrightEdge-Umfrage sehen lediglich 21,2 Prozent aller Marketer weltweit in Sprachsuche einen „wichtigen Marketingtrend“, während Künstliche Intelligenz und Personalisierung die Prioritätenliste anführen. Im letzten Jahr ergab eine Untersuchung von AppDynamics, dass nur 11 Prozent der IT-Entscheidungsträger erste Investitionen in Sprachtechnologien getätigt haben. Der Großteil, rund 26 Prozent, plant solche Investitionen erst in den kommenden drei Jahren, 12 Prozent lehnen sie sogar kategorisch ab.

Weshalb ist die sonst so innovationsfreundliche Marketingbranche gegenüber Voice-Technologien derart abgeneigt? Hauptsächlich, weil viele Marketer derzeit noch mit wirksamen SEO-Taktiken und Content Delivery auf Voice-Kanälen experimentieren (siehe 3.). Kompliziert wird die Lage durch Fehlen spezieller Werbeplattformen sowie Modellen zur Monetisierung von Voice-Angeboten – das erschwert auch die Budgetierung. Das Publikum ist Marketing gegenüber keinesfalls abgeneigt: Rund 52 Prozent der Besitzer von Smart Speakern würden Informationen über Sonderangebote und Verkaufsaktionen von Marken begrüßen (Google). Allein das sollte Marketer hellhörig machen.

  1. …aber die Sprachsteuerungsrevolution naht mit großen Schritten!
    Seitdem Apple seinen Siri-Sprachassistenten im Jahr 2011 vorgestellt hat, ist das Segment explosionsartig gewachsen. Und entsprechend rasant verändern sich auch die Gewohnheiten der Verbraucher im Umgang mit Technologie: Aktuell verbringen bereits ganze 56 Prozent der Nutzer von Sprachassistenten weniger Zeit mit Suchanfragen per Smartphone und 51.2 Prozent suchen seltener per Web-Browser. Besonders gravierend sind diese Veränderungen in der Generation der 18- bis 34-Jährigen.

Über sämtliche Altersgruppen hinweg ist die Sprachsteuerung von Geräten inzwischen Normalität: Sprachsuche ist die am häufigsten genutzte Funktion auf Smart-Lautsprechern und rund 82 Prozent aller Sprachsuchanfragen in Westeuropa und den USA entfallen auf diese Geräte. In den USA wird die Zahl der Nutzer von Sprachassistenten gegen Ende dieses Jahres bereits 100,5 Millionen (30,3 Prozent der Bevölkerung) erreichen (eMarketer ). In Deutschland nutzt jeder achte Bundesbürger über 18, rund 8,7 Millionen Menschen, momentan Sprachassistenten (Bitkom). Diese Zahlen belegen: Voice-Technologie erreicht ein enormes Publikum, also stehen Marketer unter Zugzwang.

  1. Priorisieren Sie Markenoptimierung für Sprachsuche
    Wer in Voice-Marketing investieren will, muss irgendwo anfangen. Der wichtigste Schritt liegt 2019 ganz klar in der Optimierung Ihres Markenauftritts für Sprachsuchanfragen. Diese Art der Suchmaschinen-Optimierung unterscheidet sich aus zwei Gründen gravierend von herkömmlicher SEO: Erstens, weil Ergebnisseiten bei der Browsersuche eine Handvoll von Resultaten anzeigen – die Sprachsuche liefert jedoch jeweils ein einziges Ergebnis! Und zweitens reagieren Browser-Anfragen vorwiegend auf Keywords, während Sprachsuchen eher in ganzen Sätzen gesprochen werden. Die Unterhaltung mit einem sprachgesteuerten Lautsprecher fühlt sich natürlich an, bestätigen 53 Prozent der Besitzer solcher Geräte. Im ersten Schritt sollten sich Marketer darauf konzentrieren, bei Suchergebnissen an erster Stelle zu landen. Am besten in den sogenannten „Snippets“ – den grafisch abgehobenen Fenstern –, welche Google besonders prominent anzeigt, denn: Google-Home-Geräte ziehen rund 80 Prozent ihrer Suchergebnisse aus diesen Snippets. Und um bei in Sätzen gesprochenen Suchanfragen an vorderster Stelle zu landen, sollten Ihre Websites lang verkettete Keywords (auch Long Tail Keywords genannt) enthalten, die natürlichen Sprachmustern folgen. Auch eine gut sortierte FAQ-Seite mit Antworten auf Fragen mit „Wo“, „Wie“, „Wieviel“ etc. erhöht den Stellenwert bei der Sprachsuche (die Antworten sollten möglichst vorlesefreundlich formuliert sein).
  2. Der Kampf der Voice-Plattformen steht bevor
    In naher Zukunft liefern sich die Voice-Plattformen einen gnadenlosen Kampf um Marktdominanz. Alle Schachfiguren stehen bereits auf dem Brett: Apple Siri, Amazon Alexa, Google Assistant, Baidu DuerOS, Microsoft Cortana und Samsung Bixby. Aktuell behält Amazon mit 70 Prozent klar die Oberhand, aber der Thron wackelt: Rechtzeitig zur CES 2019 machte Google mit der Meldung, der Google-Assistent sei bald in 1 Milliarden Geräten integriert, eine klare Kampfansage.

Die Fronten verhärten sich zunehmend und jeder Marketer muss für sich entscheiden, welche Plattformen und strategischen Partnerschaften am wichtigsten sind. Mit Blick nach vorn sind sich Marketingexperten auch einig, dass das Werbeverbot auf großen Plattformen nicht von langer Dauer sein wird. Angesichts der immensen Werbeeinnahmen von Google und dem Aufstieg von Amazon zur drittgrößten Online-Werbeplattform ist ein offener Markt für Werbung auf Sprachassistenten nur ein logischer Schritt. Weiterhin lohnt es sich, künftig auch internationale Plattformen in Betracht zu ziehen, die bereits heute millionenstarke Zielgruppen erreichen, etwa Alibaba (AliGenie), JD.com (DingDong) und Xiaomi (Xiao AI).

  1. Beweisen Sie Ihre „Skills“
    Während Amazon weiterhin Werbungen auf Alexa-fähigen Geräten den Riegel vorschiebt, dürfen Marken durchaus Audio-Werbungen in eigens entwickelten Alexa-Skills integrieren. Diese sprachgesteuerten Apps bieten ihren Nutzern bequeme Funktionen per Sprachsteuerung bis hin zum Wareneinkauf per Stimme. Beliebte Alexa-Skills verlesen auf Kommando Rezepte, Haushaltstipps oder den aktuellen Kontostand. Amazon analysiert genau, welche Skills am häufigsten genutzt und heruntergeladen werden und verliest die beliebtesten Skills ganz oben in der Suchrangliste.

Das Pendant zu Alexa-Skills von Google heißt „Actions“, und in beiden Fällen sollte für Marketer klar sein: Man sollte diese Apps keinesfalls nur entwickeln, weil sie aktuell im Trend liegen oder Skills als reine Werbemittel behandeln. Die Nutzer verlangen echten Mehrwert, sonst landen die Skills auf dem immer größer werdenden Friedhof für ungenutzte Apps: Momentan besitzen 62 Prozent der Alexa-Skills keinerlei Bewertungen (und wohl auch keine Nutzer), während lediglich 4 Prozent mehr als 1000 Bewertungen vorweisen können (Voicebot). Wer mit seinen Skills keinen klaren Mehrwert bieten kann – wie der sprachgesteuerte Pizzalieferdienst von Domino oder die Wettervorhersage für Allergiker von Zyrtec – sollte sich die Entwicklungskosten lieber sparen.

  1. Jetzt sein eigenes Revier markieren
    Wer erinnert sich noch daran, als YouTube eine völlig werbefreie Videoplattform war? Genau in diesem Entwicklungsstadium befindet sich aktuell Voice-Marketing – und das wird keinesfalls so bleiben! Der ideale Ansatzpunkt, bereits heute sein Revier zu markieren: Rund 75 Prozent der Smart-Speaker-Nutzer führen mindestens einmal pro Woche eine Sprachsuche auf regionaler Ebene durch, die Hälfte davon sogar täglich. Jeder dritte Nutzer in Deutschland erfragt per Sprachassistent die Abfahrtszeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln (34 Prozent) oder lässt sich Verkehrsnachrichten (32 Prozent) aus der Region durchgeben (Bitkom). Wer als Marke ins Voice-Marketing einsteigen will, sollte sichergehen, dass sein Markenauftritt für Standortsuchen optimiert ist und seinen Brancheneintrag bei Google My Business auf dem neusten Stand halten.

Wie gesagt gilt auch zu bedenken, dass Sprachsuchen semantischen Mustern folgen wie: „Wo kann ich in meiner Nähe ein Paar Turnschuhe kaufen?“ Die wichtigsten SEO-Begriffe sind hierbei „Wer“, „Was“, „Wo“, „Wann“, „Wie“, „kann“, „besten“ und „nächste“. Wer diese Fragen auf seiner Website mit schön vorlesbaren Sätzen beantwortet, landet im Voice-Suchmaschinen-Ranking an vorderster Stelle.

Ebenfalls wichtig: Nutzer von Sprachsuchen verwenden eher selten den genauen Namen von Marken oder Geschäften, sondern fragen allgemeiner nach Produktkategorien, Standorten oder Öffnungszeiten. Diese Puzzleteile sollten unbedingt in Ihrem digitalen Markenauftritt zu finden sein und gleichzeitig gilt: Wer es in den „Featured Snippets“-Kasten bei Google schafft, besitzt bereits eine starke Präsenz in der Sprachsuche.

  1. Die Zukunft im Voice-Marketing ist hochgradig personalisiert
    Rund 40 Prozent der Erwachsenen verwenden Sprachsuche bereits täglich. Und ebenso wie auf anderen Kanälen verlangen diese Nutzer ein hochgradiges Maß an Personalisierung und Relevanz. Das gilt vor allem für eigens von Marken entwickelte Sprach-Apps: Wenn Kunden nach attraktiven Produktvorschlägen suchen – etwa in einer sprachgesteuerten Online-Shopping-App – sollten die Suchergebnisse auf jeden Fall ihre persönlichen Vorlieben und Einkaufshistorien berücksichtigen. Um dieses Maß an individualisierten Customer Experiences zu liefern, müssen Marketer ihre Datenarchitekturen entsprechend anpassen, damit aussagekräftige Daten aus universellen Kundenprofilen auf allen Kanälen verfügbar sind – auch bei der Sprachsuche. Nur so kann eine reibungslose Customer Journey gewährleistet sein.

In diesem Zusammenhang bleibt die große Frage: Müssen Marketer ihre Marketingplattformen wechseln, um Voice-Marketing meistern zu können? Und lassen sich Verhaltensdaten und Transaktionen aus sprachgesteuerten Interaktionen problemlos zusammen mit Daten aus anderen Kanälen erfassen und auswerten? „Die Datenbanken müssen ihre Speicherstrukturen nicht unbedingt ändern, da die meisten binäre Speicherformate unterstützen. Veränderungen werden eher bei den Algorithmen erforderlich sein, also welche Art von Informationen man als Marketer speichern möchte“, so Lode Vanacken, VP of Engineering bei Marigold Engage mit Verweis auf die Integration offener Datenarchitekturen sowie einer Vielzahl von APIs als Schlüssel zur konsumentengerechten Personalisierung im sprachgesteuerten Marketing der Zukunft.